21. November 2024

Interview zum Thema Klimaschutzvertrag mit geschäftsführender Gesellschafterin Dr. Marietta Jass-Teichmann

Die Fuldaer Zeitung hat am 05. November 2024 unter der Überschrift „Im Extremfallzahlen wir mehr zurück, als wir an Fördermitteln erhalten haben“ ein Interview mit unserer geschäftsführenden Gesellschafterin Dr. Marietta Jass-Teichmann veröffentlicht:

Frau Dr. Jass-Teichmann, Sie haben Mitte Oktober im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz den Zuschlag für einen Klimaschutzvertrag erhalten. Wie funktioniert ein Klimaschutzvertrag?
Der Klimaschutzvertrag hat eine Laufzeit von 15 Jahren. Die Verträge sollen energieintensive Branchen dabei unterstützen, auf klimafreundliche Produktionsverfahren umzustellen. Das heißt, dass sie in Zukunft zum Beispiel anstelle von Erdgas grünen Strom und/oder Wasserstoff als Energieträger einsetzen, um hierdurch CO2 einzusparen. Den Unternehmen werden dabei in einem gewissen Umfang die Mehrkosten erstattet, die aufgrund von Investitionen und erhöhten laufenden Kosten durch die klimafreundliche Produktionsweise entstehen. Der Staat sichert hierfür das Energie- und CO2- Preisrisiko der Unternehmen teilweise ab. So erhalten die Unternehmen Planungssicherheit. Sollte die klimafreundliche Produktion im Zeitverlauf günstiger werden als die konventionelle, und damit rechnet die Bundesregierung, kommt es zu Rückzahlungen des Unternehmens an den Staat.

Können Sie heute bereits sagen, wann und wie viel Fördermittel Sie erhalten werden?
Die Laufzeit des Klimaschutzvertrages startet, wenn die klimafreundlichen Anlagen nach dem Probebetrieb in die bestimmungsgemäße Nutzung gehen. Nach jetziger Planung erwarten wir, dass wir in 2030 die ersten Fördermittel erhalten. Das heißt, dass wir die komplette Investition erst einmal voll selbst schultern und zum Beispiel mit einem Kredit vorfinanzieren müssen. Wir tragen das volle Risiko. Nach zwei Jahren Rezession in Deutschland und in Erwartung eines Jahres, dem man ein schwaches Wirtschaftswachstum vorhersagt, ist das für uns sehr anspruchsvoll. Die Eigentümerfamilien der Papierfabrik Jass bekennen sich mit diesem Schritt klar zu ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Und wir bekennen uns zum Standort Fulda. Durch die CO2-freie Produktion in Fulda setzen wir ein deutliches Zeichen in Richtung Nachhaltigkeit.

Das beantwortet nicht meine Frage, wie viel Fördermittel Sie erhalten werden.
Die Höhe der Förderung errechnet sich jedes Jahr neu und beginnt erst, nachdem wir unsere CO2-Emissionen sehr deutlich gesenkt haben. Sie wird dann pro Tonne vermiedenem CO2 nach einer festen Formel berechnet, in die die jeweils gültigen Strom-, Erdgas- und CO2-Zertifikatepreise eingehen. Da niemand von uns die Glaskugel besitzt, kann seriös auch keine Aussage darüber getroffen werden, wie hoch die Fördersumme sein wird, zumal wir gegebenenfalls im späteren Zeitverlauf Geld an den Staat zurückzahlen müssen. Der Staat hat für die Förderung einen Maximalbetrag festgelegt, von dem beide Seiten der Überzeugung sind, dass er bei Weitem nicht ausgeschöpft werden wird. Im Extremfall zahlen wir mehr an den Staat zurück, als wir an Fördermitteln erhalten haben.

Aus welchem Topf werden die Klimaschutzverträge finanziert?
Die Klimaschutzverträge werden aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert. Dieser wird unter anderem aus den Einnahmen des europäischen Emissionshandels gespeist. In diesen zahlen wir selbst indirekt über den Kauf von CO2-Zertifikaten ein.

Was waren die ausschlaggebenden Gründe, dass sich die Papierfabrik Adolf Jass in Fulda für den Umstieg von Erdgas auf Strom zur Dampferzeugung entschieden hat?
Wenn wir unsere CO2-Emissionen nicht massiv reduzieren, werden wir aufgrund veränderter Energie-Regulatorik in den 2030er Jahren die Kosten, die für Zertifikate des Europäischen Emissionshandels anfallen, voraussichtlich finanziell nicht abbilden können.

Welche Technologien und Maßnahmen werden beim geplanten Umbau des Kraftwerksparks zum Einsatz kommen?
Wir betreiben heute ein modernes und hocheffizientes Gas- und Dampfturbinenkraftwerk, in dem wir als Energieträger im wesentlichen Erdgas einsetzen. In Zukunft werden wir den von uns benötigten Strom nicht mehr selbst produzieren, sondern einkaufen und auch den Dampf, den wir zur Trocknung des Papiers benötigen, insbesondere mit Strom herstellen. Wir werden mit verschiedenen Technologien arbeiten, so zum Beispiel mit Wärmepumpensystemen, Power-to-Heat-Modulen und wasserstofffähigen Dampferzeugern.

Wie glauben Sie, dass die klimaneutrale Produktion die Marktposition der Papierfabrik Adolf Jass verändert?
Unser Papier ist bereits heute ein sehr nachhaltiges Produkt und bestes Beispiel für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft. Eine Papierfaser kann man mehr als 20 Mal recyceln. Mehr als 90 Prozent der Wellpappenverpackungen, die aus unseren Papiersorten hergestellt werden, werden nach dem Gebrauch gesammelt und in Papierfabriken zu neuem Papier verarbeitet. Die CO2-freie Produktion, die wir ab 2030 anstreben, erhöht die Attraktivität unseres Papiers. Bereits heute fragen viele Kunden nach unserem CO2-Fußabdruck. Aber auch unsere Wettbewerber arbeiten intensiv an dem Thema klimafreundliche Produktion und nutzen dafür entsprechende Förderprogramme.

Wo sehen Sie die Unternehmensgruppe Jass in fünf bis zehn Jahren?
Wir haben uns zum Ziel gesetzt, als Unternehmen der Bioökonomie in allen drei Unternehmensbereichen JassFibre, JassPaper und JassBoard zu wachsen. Im nächsten Schritt fokussieren wir uns auf die CO2-freie Produktion am Standort in Fulda.

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